Ich bin jemand, der das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen immer mutig angenommen hat.
Flucht und Verfolgung habe ich überstanden, mein Leben aus dem Nichts neu aufgebaut – mit nichts außer drei Kisten persönlicher Habseligkeiten.
Die Idee, dass auch ich, die immer stark war, von Burnout betroffen sein könnte, schien völlig abwegig. Jahrelang habe ich mich für diese vermeintliche Schwäche geschämt, mich hilflos und kraftlos gefühlt, ohne darüber zu sprechen.
Mit 36 Jahren entschied ich mich für die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester, um ein Versprechen einzulösen, das ich mir selbst als Teenager im Krankenhaus gab. Diese Zeit forderte mich enorm, doch mein Engagement und meine Passion trieben mich voran. Als ich keine Stelle in meinem Wunschbereich fand, wandte ich mich der Soziotherapie zu – einer Arbeit mit suchtkranken Menschen am Rande der Gesellschaft. Diese Aufgabe füllte mich mit Begeisterung, trotz der enormen Belastung, die sie mit sich brachte.
Zusätzlich unterstützte ich ehrenamtlich einen jungen Mann in der Psychiatrie und versuchte, trotz des dichten Terminkalenders, Zeit für mich zu finden, sei es durch Tanzen, Meditation oder einfach Momente der Stille am See.
Doch die Erschöpfung ließ sich nicht abschütteln.
Fast täglich bat ich auf dem Weg zur Arbeit um die Kraft, den Tag zu überstehen.
Zuhause fühlte ich mich oft zu nichts in der Lage, verlor Stunden und Tage in inneren Kämpfen über alltägliche Aufgaben.
Der Wendepunkt kam schleichend und doch plötzlich. Inmitten meiner Arbeit, im Gespräch mit einer Bewohnerin, spürte ich, dass ich am Rande meiner professionellen Kapazitäten stand. In diesem Moment wurde mir klar:
Wenn ich jetzt nicht handle, verliere ich mich selbst.
Der Gang zum Arzt bestätigte, was ich tief in mir schon wusste – ich war am Ende meiner Kräfte. Die Diagnose Burnout fühlte sich an wie ein Schlag und doch wie eine Erlösung.
Endlich Pause, endlich ein Ausweg aus der Spirale der Erschöpfung.
Die darauf folgenden Wochen und Monate waren wie in Nebel gehüllt. Ich suchte therapeutische Unterstützung und stellte schnell fest, dass ich nicht zu meinem alten Job zurückkehren würde.
Die Wartezeit auf die Reha nutzte ich für Neuanfänge, bewarb mich neu und fand einen Arbeitsplatz, der mir nicht nur einen Ortswechsel, sondern auch eine neue Perspektive bot. Die Arbeit in einer Einrichtung für Suchterkrankte war erstaunlich entspannt im Vergleich zu meinen vorherigen Erfahrungen.
Doch die Erinnerung an die dunkle Zeit des Burnouts blieb ein mahnendes Echo.
Heute arbeite ich in eigener Praxis und setze mich aktiv für das Thema Burnout ein, indem ich Online-Kongresse veranstalte und meine Geschichte teile.
Ich habe verstanden, dass es nicht die fehlende Freude war, die mich in die Erschöpfung trieb.
Es war ein Konflikt zwischen meinen Werten, meinen Stärken und den Anforderungen einer Arbeitswelt, die plötzlich keinen Raum mehr dafür bot.
Diese Reise durch das Feuer des Burnouts hat mich gelehrt, meine Grenzen zu erkennen und zu respektieren.
Sie hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, auf die eigene innere Stimme zu hören und sich selbst treu zu bleiben.
Mein Ziel ist es nun, anderen zu helfen, diesen Weg zu gehen, ohne sich selbst zu verlieren. Denn am Ende ist es die Liebe zu uns selbst und zu dem, was wir tun, die uns durch die dunkelsten Zeiten trägt.