Die magische Kraft der Berührung: Wie sie dein Leben verändert

bb berührungen

Als ich noch ein klein war, hatte ich eine ganz besondere Beziehung zu meiner Oma. Sie war eine sehr warmherzige und liebevolle Person, die immer ein offenes Ohr für meine Sorgen und Nöte hatte. Eines meiner liebsten Erinnerungen an sie sind die vielen gemeinsamen Stunden, in denen wir einfach nur nebeneinander saßen, und sie mich sanft und beruhigend streichelte.

Eines Tages, ich war gerade mal sieben Jahre alt, kam ich schluchzend nach Hause. Ein Mitschülerin hatte mich auf dem Schulhof geärgert und meine Schulranzen in eine Pfütze geworfen. Meine Oma nahm mich in ihre Arme und wiegte mich sanft hin und her. Die Geborgenheit ihrer Umarmung ließ meine Tränen langsam versiegen: ich begann mich wieder sicher und geschützt zu fühlen.

Meine Oma verstand intuitiv die Macht der Berührung und nutzte sie, um Trost und Heilung zu spenden. Sie wusste genau, wie wichtig es war, Menschen liebevoll zu berühren – sei es durch eine Umarmung, einen Kuss auf die Stirn oder einfach nur das Halten der Hand. Diese Zärtlichkeit und Nähe schuf eine tiefe Verbindung zwischen uns, die bis heute in meinem Herzen weiterlebt.

Einige Jahre später, erkrankte meine Oma schwer. Nun lag es an mir, ihr Trost und Geborgenheit zu schenken. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich sie im Krankenhaus besuchte. Sie lag blass und schwach in ihrem Bett, und ich spürte, dass unsere Zeit zusammen langsam zu Ende ging. Ich nahm ihre Hand und strich behutsam über ihre dünne, faltige Haut. Ich erwiderte ihre Art zu sagen, dass ich sie liebte und immer für sie da sein würde.

In diesem Moment wurde mir schlagartig klar, wie kraftvoll und heilend Berührungen sein können. Wie sie Menschen miteinander verbinden, Schmerzen lindern und uns das Gefühl von Liebe und Zugehörigkeit vermitteln können.

Die Berührung meiner Großmutter hat mein Leben geprägt und mir gezeigt, dass wir alle von Zeit zu Zeit eine liebevolle Berührung brauchen, um uns geliebt, geschätzt und verbunden zu fühlen.

Das Geheimnis der Berührung: Warum sie unser Leben prägt

„Berührung erzeugt Gewahrsein und bringt uns mit der Welt in Kontakt.“
Jon Kabat-Zinn

Berührungen sind für uns Menschen (über-) lebenswichtig, mahnt Judith Harraß.

Von der Zeugung an ist der Tastsinn der erste Sinn, der sich entwickelt. Wir nehmen uns darüber selbst wahr und wir orientieren uns mit dem Tastsinn in der Welt. Fehlt uns als Baby die Berührung, werden wir krank und können sogar sterben, wie Beobachtungen in Waisenhäusern zeigten, in denen Babys nur „versorgt“, also gefüttert und gewickelt wurden, aber ansonsten keinerlei Zuwendung bekamen.

Berührung teilt uns mit, wo wir aufhören, und wo etwas anderes anfängt. Und, ob „das andere“ hart oder weich, warm oder kalt, klein oder groß ist und vieles mehr.

Im sozialen Zusammensein haben wir eine eigene, universelle Sprache, die über Berührungen funktioniert: zum Beispiel der Handschlag zum Gruß, eine Berührung am Arm, um Aufmerksamkeit zu bekommen, ein Schulterklopfen, eine Umarmung, …

Erwünschte Berührung beruhigt, reduziert Stress und gibt uns ein Gefühl von Angebundensein, von Sicherheit. Die tiefe Gewissheit: ich bin nicht allein in der Welt.

Außerdem hat sie positive Auswirkungen auf unser Immunsystem – Menschen, die erwünschte Berührung erfahren, sind nachgewiesenermaßen seltener erkältet.

Berührungsmangel hat negative Auswirkungen auf Psyche und Körper, wie zum Beispiel Ängste, Depressionen, Suchtverhalten, Schlafstörungen und Schmerzen.

Unsichtbares Band: Die essenzielle Rolle von Berührungen

“Wir brauchen vier Umarmungen am Tag, um zu überleben. Wir brauchen acht Umarmungen am Tag, um uns selbst zu versorgen. Wir brauchen zwölf Umarmungen am Tag, um zu wachsen.”
Virginia Satir

In diesem Artikel erfährst du mehr darüber, wie Berührungen überhaupt auf unseren Körper und auch unsere Seele wirken:

  • Über welche Zellen werden Reize aufgenommen und wie weitergeleitet?
  • Was haben Berührungen mit unserem Nervensystem zu tun? Welche Hormone spielen eine Rolle?
  • Wie beeinflussen Berührungen Puls und Blutdruck?
  • Was haben Berührungen mit unserer körperlichen und seelischen Gesundheit zu tun?
  • Wie wirken angenehme Berührungen auf unseren Körper?
  • Woran merken wir, dass wir nicht genügend Berührung haben?
  • Was haben Magersucht (gestörtes Körperschema), Depressionen, Schlafstörungen, Ängste, verschiedene Arten von Suchtverhalten angefangen von Essen bis hin zu Pornokonsum mit Berührungsmangel zu tun?

Die Biologie der Berührung: Faszinierende Fakten über Tastsinn & Haut

Wenn wir an unsere Sinne denken, fällt uns meist zuerst das Sehen oder Hören ein – dass der Tastsinn unser erster und auch wichtigster Sinn ist, ist den meisten Menschen nicht bewusst, berichtet Judith Harraß verwundert.

Schon im Mutterleib entwickelt sich der Tastsinn zuerst. Bereits in der achten Schwangerschaftswoche (also, wenn wir etwa zwei Zentimeter groß sind), nehmen wir Berührungen wahr. Wir lernen über den Tastsinn, uns selbst wahrzunehmen und uns in der Welt zu orientieren.

A-taktile Zellen warnen uns vor Verletzungen, indem sie zum Beispiel Hitze oder andere Schmerzreize blitzschnell ans Hirn übertragen, sodass wir sofort reagieren können, indem wir beispielsweise die Hand von der heißen Herdplatte zurückziehen.

C-taktile Zellen hingegen reagieren ausschließlich auf Berührungen, die wir mit „Streicheln“ verbinden – sie bilden unseren „Streichelsinn“: bestimmter sanfter Druck, bestimmte Geschwindigkeit (2-10 cm/Sekunde) und bestimmte Temperatur.

Über die Haut nehmen wir Reize wie warm/kalt, hart/weich wahr und unser Streichelsinn bringt uns dazu, mit anderen Menschen angenehmen Kontakt zu suchen. So empfinden wir beispielsweise die Haut anderer Menschen (bei gleichen Messwerten!) spannenderweise immer als weicher als die eigene.

Über Berührungen entwickeln wir auch unser eigenes Körperschema – gibt es dabei Störungen, so kann sich zum Beispiel Magersucht entwickeln: das Bild, das ich von mir selbst habe, passt nicht mit der Realität überein – ich empfinde mich als dick, obwohl ich kurz vor dem Verhungern bin. Hier helfen zum Beispiel Neoprenanzüge, sich zu spüren und neu zu lernen.

Chemie der Zärtlichkeit: Oxytocin, Endorphine und die Hormone hinter Berührungen

Es ist tatsächlich so:

Wir brauchen Berührungen, wie die Luft zum Atmen, erinnert Kathrin Heinrich. Viele Studien haben mittlerweile nachgewiesen, dass wir ohne Berührungen nicht gesund und glücklich sein können. Dabei macht sowohl die Anzahl der täglichen Berührungen wie auch die Intensität einen Unterschied.

Wusstest du, dass du mindestens 4 Berührungen am Tag brauchst, um überleben zu können?

Und erst ab 12 Berührungen am Tag kannst du dich wirklich entfalten. Was machst du aber nun, wenn du alleine lebst und niemand da ist, der dich berühren kann?!

Lass’ dich davon nicht unter kriegen! Es gibt eine Menge, die du auch selbst für dich tun kannst. Zum Beispiel wählst du ein gemütliches Plätzchen, eine schöne Musik und streichelst dich selbst.

Ja! Das braucht dir nicht ‘zu doof’ oder peinlich sein!

Es ist eine sehr wirksame Möglichkeit, dich zu entspannen, dein System zu harmonisieren und dafür zu sorgen, dass dein Körper verschiedene Entspannungshormone ausschüttet. Oxytocin ist zum Beispiel eines der Entspannungshormone – es ist auch als “Kuschelhormon” bekannt, welches dafür sorgt, dass du tiefe Bindungen aufbauen kannst. Auch Endorphine werden bei Berührung ausgeschüttet:

Sie sorgen dafür, dass du weniger Schmerzen verspürst, senken deinen Stresslevel und heben die Stimmung. Ein weiteres Hormon, welches als Stresshormon bekannt ist, wird durch Streicheleinheiten gesenkt: Cortisol. Das der Cortisolspiegel in deinem Blut gesunken ist, bemerkst du daran, dass du wieder besser schläfst. Wenn das mal nicht ein wundervoller Koffer voller Möglichkeiten ist, dir selbst das Leben schöner zu machen!

Ab auf die Couch sag’ da. Oder noch besser: In die Badewanne – Awww – Ich kann die Entspannung schon spüren! Oder lies unseren Blogartikel Die 4 wirkungsvollsten Entspannungsübungen, die leicht in deinen Alltag passen

Freundliche Gesten: Wie kleine Berührungen Großes bewirken

Einander die Hand geben, sich umarmen, fürsorglich über die Wange oder über den Rücken streicheln, all das sind Zeichen der Vertrautheit, der Nähe und des Wohlwollens. Diese Berührungen lösen ein Gefühl von Einigkeit aus, von Zusammengehörigkeit, Verständnis und Zuwendung. Du fühlst dich wahrgenommen, wenn dir jemand in die Augen blickt und gleichzeitig die Hand reicht oder sie auf deine Schulter legt. Freundliche Berührungen drücken starke Aufmerksamkeit und Interesse am anderen aus, so Ulrike Hilger.

So geartete Berührungen tragen immer auch den Aspekt des Heilens in sich. Sie stärken

  • die Immunkraft,
  • die Hormonlage,
  • das soziale Empfinden,
  • den Selbstwert,
  • die Stimmung,
  • die Tendenz der Gedanken,
  • die körperliche Regeneration
  • und auch die Seele.

Je mehr Aufmerksamkeit der Aktive seiner Berührung mitgibt, z.B. durch mehr Sanftheit oder Spürbarkeit, längerer Berührungsdauer, zusätzlichem Lächeln, Worten oder Augenkontakt, desto intensiver kommt der Körperkontakt zur Wirkung.

Für die meisten Menschen sind solche freundlichen Berührungen ganz selbstverständlich. Und so manche körperliche Interaktion findet auf unbewusstem, natürlichem oder auch zielführendem Wege statt, wie beim Handauflegen eines Heilers, beim Handhalten eines einsamen Menschen oder wenn eine Mutter ihre Hand auf den schmerzenden Bauch ihres Kindes hält.

Der Gewinn einer freundlichen Berührung ist bei allen Beteiligten unschätzbar groß und kann ein wahres Geschenk bedeuten, voraus gesetzt sie kommt von Herzen und ist nicht erzwungen oder gar mit Widerstand verbunden.

Zärtliche Momente: Die heilende Kraft von Küssen, Kuscheln & Massagen

Es fängt bei unserer Geburt an und begleitet uns durch das Leben, so Heike Strohdeicher. Babys bei der Geburt lieben das Kuscheln. Die Haut ist unser größtes Organ und speichert alle Emotionen ab. Egal ob positiv oder negativ. Ohne Berührung kann ein Mensch nicht leben. Um emotionell und körperlich gesund zu bleiben, ist ein Mindestmaß an Hautkontakt nötig.

Bei einer angenehmen Berührung kommt es zur Ausschüttung von Botenstoffen, die das Wohlbefinden stärken, wie z.B. die “Glückshormone” Dopamin und Serotonin. Dazu gehört auch das Küssen. Wir fühlen uns einfach wohl. Wenn wir gestresst sind, kann eine Massage uns zur Ruhe bringen. Der Körper wird entspannt, die Atmung ruhig. Wenn uns die Zeit dafür fehlt, öfter mal mit dem Partner kuscheln. Eine Umarmung kann oft Wunder wirken. Wir haben die letzten Jahre durch die Krisen gemerkt, was es mit uns Menschen macht, auf Umarmung zu verzichten. Nicht zu vergessen, die Menschen in den Seniorenheimen.

Öfter mal daran denken oder sich eine kleine Auszeit mit einer entspannenden Massage gönnen.

Seelische Stärke: Wie Berührungen unsere Psyche positiv beeinflussen

Berührungen spielen eine wichtige Rolle in unserem Leben. Sie können uns helfen, uns besser zu fühlen, unsere Beziehungen zu anderen zu stärken und sogar unsere Gesundheit zu verbessern. In diesem Artikel gehe ich auf die positiven Auswirkungen von Berührungen auf die psychische Gesundheit ein.

Stressreduktion ist einer der größten Vorteile von Berührungen. Studien haben gezeigt, dass Berührungen dazu beitragen können, den Cortisolspiegel zu senken, ein Hormon, das mit Stress verbunden ist. Berührungen helfen, den Blutdruck und den Puls zu senken, was ebenfalls Stress reduziert. Wenn wir gestresst sind, kann eine liebevolle Umarmung oder eine Hand auf der Schulter dazu beitragen, dass wir uns sicher und geborgen fühlen.

Berührungen tragen auch dazu bei, unsere Bindungen zu anderen zu stärken. Wenn wir berührt werden, schüttet unser Körper das Hormon Oxytocin – das Kuschelhormon – aus, welches eine wichtige Rolle bei der Bindung zwischen Mutter und Kind und zwischen Partnern spielt. Es fördert das Vertrauen und die Nähe zwischen Menschen und hilft uns, uns verbunden und geliebt zu fühlen.

Ein weiterer Vorteil von Berührungen ist die Steigerung des Selbstwertgefühls. Wenn wir berührt werden, fühlen wir uns wertgeschätzt und respektiert. Wir fühlen, dass wir jemandem wichtig genug sind, dass er uns berührt. Dies kann dazu beitragen, unser Selbstwertgefühl zu steigern und uns zu helfen, uns besser zu fühlen.

Wenn du also das nächste Mal gestresst bist oder dich einsam fühlst, versuch es mit einer Umarmung oder einer sanften Berührung. Es bewirkt Wunder!

Körperliches Wohl: Berührungen als Schlüssel zu Gesundheit und Entspannung

Auf körperlicher Ebene kann man sagen: erwünschte angenehme und vor allem erwartungsfreie Berührung bringt uns raus aus dem Stress, rein in die Tiefenentspannung.

Der Oxytocinspiegel steigt, das Cortisol sinkt, erklärt Judith Harraß.

Wenn das Stresshormon Cortisol im Körper abnimmt, lässt auch der Stress nach und das Immunsystem kann wieder besser arbeiten. Wir werden unempfindlicher gegen Erkältungsviren, Wundheilung funktioniert besser.

Schmerzen, die durch Verspannungen entstanden sind wie etwa Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen lassen nach.

Wir atmen wieder tiefer (Stressatmung ist flach), das Zwerchfell bewegt dadurch den Darm besser und die Verdauung spielt auch wieder mit. So hat die Berührung bzw. die damit verbundene Entspannung auch Einfluss auf unser Körpergewicht.

Wir schlafen schneller ein und schlafen tiefer. Der Blutdruck sinkt, der Herzschlag lässt nach – das gesamte System kommt in eine gesunde Grundruhe und Entspannung.

Bei Frühchen weiß man heute, dass sie mit Hautkontakt auf der Brust der Mutter oder des Vaters schneller an Gewicht zulegen und besser gedeihen als im Inkubator.

Einsamkeit kann durch den durch Berührungsmangel ausgelösten Stress regelrecht Schmerzen verursachen. Menschlicher Kontakt – und sei es nur eine gehaltene Hand zum Beispiel am Krankenbett – wird über unsere Haut sofort ans Nervensystem weitergeleitet und wir erfahren eine Verbesserung unseres Zustandes.

Gemeinsam stark: Berührungen und ihre sozialen Auswirkungen

Eine andere, nicht körperliche Berührung, die allerdings sehr wichtig für unseren sozialen Zusammenhalt und unser Vertrauen zueinander ist, kennst du bestimmt auch, regt Kathrin Heinrich an.

Es sind die kleinen Gesten der Wertschätzung, das Lächeln am Morgen, der Hinweis, wie hübsch heute jemand aussieht, oder wie sehr du eine Person schätzt, einfach dafür, dass sie da ist!

Diese Gesten wirken auf einer nicht körperlichen Ebene – sie berühren unser Herz und sorgen so dafür, dass alle sich besser fühlen. Dadurch entsteht nicht nur mehr Vertrauen zueinander im Alltag, die Kommunikation miteinander wird auch deutlich einfacher und der Zusammenhalt wird gestärkt.

Ist ja auch klar, oder?

Mit jemandem, der gerade nett zu mir war, mag ich mich gleich viel lieber unterhalten. Auch, wenn es vielleicht einmal ein schwierigeres Gespräch werden sollte, ist das Beziehungskonto gut gefüllt.

Probiere einmal aus, was es mit dir macht, wenn du morgens den Menschen einen fröhlichen ‘Guten-Morgen-Gruß’ entgegen schmetterst. Mach’ das einige Tage (oder Wochen) und du wirst sehr bald sehr viel Lächeln um dich herum bemerken!

Versprochen!

Als ich früher in Bremen gelebt habe, begegnete ich jeden Morgen einem älteren Herrn. Ich habe ihn immer gegrüßt, was er anfangs mit einem grummeln beantwortet hat. Nach einigen Wochen jedoch, strahlte er mich schon von weitem an und wir haben uns beide jeden Morgen gefreut.

Was denkst du, wäre so ein Start in den Tag auch etwas für dich?

Nähe und Distanz: Unterschiedliche Perspektiven auf Berührungen

Was das Thema Berührung verkompliziert ist, dass es keine konkreten Normen und Vorgaben gibt, welche Berührungen in welchem Maße für wen und wann richtig sind.

Manche Menschen können mit Berührungen gut umgehen und können kaum genug bekommen, andere fühlen sich durch Nähe regelrecht bedroht. Das hat sowohl mit erlerntem Verhalten zu tun („In meiner Familie haben wir uns nie so berührt“ / „Das galt in unserem Umfeld als unanständig.“), als auch mit dem persönlichen Stresslevel zum Beispiel durch Traumata und der jeweiligen Situation.

Manchmal hat man faktisch eine sehr ähnliche Situation wie:

„Ich stehe bei Lärm dichtgedrängt mit fremden schwitzenden Menschen auf engen Raum.“

Einmal fühlen wir uns dabei unwohl und haben Fluchtgedanken (morgens in der U-Bahn) und beim anderen Mal fühlen wir uns sehr wohl (im Gedrängel vor der Bühne beim Konzert), erklärt Judith Harraß. Der Unterschied ist, dass wir in einer selbst gewählten Situation besser zurechtkommen und uns entspannter fühlen.

Gerade deshalb ist es für alle Beteiligten wichtig, aufmerksam zu sein und darüber zu kommunizieren, was für jeden aktuell passt. Dazu ist es zwingend notwendig, die eigenen Grenzen zu kennen und zu kommunizieren, und die eigenen sowie die Grenzen des Gegenübers zu achten.

Vor allem in Partnerschaften kann es zu großen Schwierigkeiten führen, wenn die eine Person mehr Berührung möchte als die andere. Auch hier sind Lösungen möglich.

Kulturelle Sensibilität: Berührungen & Anpassen an kulturelle Normen

Wenn du in eine fremde Kultur reist oder mit Menschen aus anderen Ländern interagierst, ist es wichtig, sich an die kulturellen Normen und Traditionen im Umgang mit Berührungen anzupassen, weiß Antje Busbach. Das Nichtbeachten kultureller Normen und Regeln für Berührungen kann zu unangenehmen oder sogar konfliktreichen Situationen führen.

Zunächst solltest du dich über die kulturellen Unterschiede und Normen informieren, um zu verstehen, welche Formen von körperlichen Berührungen in dieser Kultur angemessen sind und welche vermieden werden sollten. Es ist auch hilfreich, auf die Körpersprache und das Verhalten der Einheimischen zu achten, um sich ein Bild von den sozialen Normen zu machen.

In einigen Kulturen sind Umarmungen und Küsse auf die Wangen als Begrüßung oder Verabschiedung üblich, während in anderen Kulturen eher eine formelle Verbeugung oder ein Händeschütteln üblich sind. Es ist auch wichtig zu beachten, dass in einigen Ländern bestimmte Berührungen als unangemessen oder sogar beleidigend angesehen werden können, insbesondere zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts oder sozialen Rangs.

Es ist ratsam, in einer fremden Kultur zunächst zurückhaltend zu sein und zu beobachten, wie die Einheimischen miteinander umgehen. Wenn du unsicher bist, welche Form der Berührung angebracht ist, frage höflich um Rat.

Letztendlich geht es darum, respektvoll und sensibel zu sein, wenn es um kulturelle Unterschiede im Umgang mit Berührungen geht. Eine angepasste Verhaltensweise zeigt Respekt gegenüber der Kultur und den Menschen, mit denen du interagierst, und kann dazu beitragen, eine positive und respektvolle Beziehung aufzubauen.

Die Kehrseite der Medaille: Technologie, Individualismus und die Angst vor Berührungen

In unserer aktuellen westlichen Welt haben wir massive Berührungsdefizite und sind uns dessen leider kaum bewusst, klagt Judith Harraß. Wir leben in einer hochtechnisierten Welt – sowohl privat als auch im Beruf.

Wir berühren den ganzen Tag über viele glatte und kalte Flächen: Handys, Tablets, Laptops.

Tagsüber sind wir – oft nach langem Pendeln – allein im Büro, oder daheim allein im Homeoffice, aus Bequemlichkeit gehen wir oft nicht mal mehr zum Einkaufen vor die Tür, sondern bestellen uns – wieder über das Tablet – das Essen ins Haus, und abends schauen wir – oft egal, ob mit oder ohne Partner – Netflix leer …

Statt mit der Familie auf dem Sofa am Wochenende auf dem Sofa zu kuscheln und zu spielen oder gemeinsam fernzusehen, schauen alle ihre eigene Sendung oder spielt im eigenen Zimmer an der Konsole.

Wir sind es gewohnt, über Messenger zu kommunizieren, statt uns live zu treffen, mit Oma wird gezoomt, statt zu Besuch dort hinzufahren.

Selbst Dating findet zu großen Teilen online statt und sollte man doch mal jemanden im realen Leben großartig finden, traut man sich auf keinen Fall, diese Person auch nur zu berühren. Spätestens seit der (auf der einen Seite natürlich gerechtfertigten!) metoo-Debatte sind wir noch gehemmter, was mitmenschliche Berührungen angeht.

Lehrer bekommen Anweisungen, weinende Kinder auf keinen Fall mehr als drei Sekunden in den Arm zu nehmen, um nicht in Verdacht zu kommen, übergriffig zu sein.

Und die Angst vor ansteckenden Krankheiten hat uns noch weiter voneinander entfernt.

Verlorene Verbindung: Wie fehlende Berührungen unser Leben beeinträchtigt

Sicher, unser modernes, digitales Leben bringt viele Vorteile mit sich, gibt Kathrin Heinrich zu.

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings etwas, dass sich nicht ignorieren lässt und worüber wir sprechen sollten, damit wir gemeinsam etwas ändern können. Nicht erst seit 3 Jahren, aber seit dem noch VIEL mehr, leiden immer mehr Menschen an Einsamkeit. Das hatten wir bereits in unserem Blogartikel Einsamkeit: 7 Tipps die helfen, wenn du dich allein fühlst thematisiert.

Das Leben hat sich geändert.

Die Zeiten von sozialer Distanz haben ihre Spuren hinterlassen und viele haben verlernt, in soziale Interaktion mit anderen zu gehen. Wie oft begegnet dir heute eine Person, die dich nicht anschaut und schon gar nicht anspricht?

Viel zu oft. Warum das so ist, können wir im Einzelfall natürlich nur mutmaßen.

Ein Grund könnte jedoch sein, dass die Menschen durch fehlende Berührung, fehlendes Miteinander bereits gestresster sind, als es früher der Fall war. Ist der Stresspegel erhöht, ist der Körper automatisch auf ‘Wachsamkeit’ gepolt und in höherer Anspannung.

Aus so einer Haltung heraus fällt es uns schwerer mit anderen Kontakt aufzunehmen – eine Abwärtsspirale setzt sich in Gang.

Unsere sozialen Fähigkeiten verkümmern immer weiter, es fällt uns immer schwerer, uns mit anderen auszutauschen, sie wahrzunehmen und wertzuschätzen. Wir bekommen immer weniger positive Rückkopplung und fühlen uns mit der Zeit immer mehr allein.

Zeit, dieses Muster zu durchbrechen: Wo kannst DU heute damit beginnen, einen Unterschied zu machen?

6 Tipps, wie du dein Berührungsdefizit überwindest

Was kannst du tun, um aus deinem Berührungsmangel herauszukommen? Judith Harraß vom Kuschelteam weiß Rat:

Du kannst dich selbst liebevoll und achtsam berühren – das fängt schon beim Waschen und Eincremen an, aber auch in stressigen Situationen kannst du dich zum Beispiel durch sanfte Berührungen an den Armen beruhigen. Unbewusst machen wir das hunderte Mal täglich (wir berühren uns zum Beispiel oft im Gesicht), wieso solltest du Selbstberührung nicht auch bewusst einsetzen?

Berührung in der Partnerschaft mehr in den Alltag zu integrieren ist hilfreich – abseits von Sex öfter absichtslos Umarmen, gehalten werden.

Auch eine Massage buchen, mit anderen tanzen oder einen Sport ausüben, bei dem ihr euch berührt, tut gut.

Wenn du dich traust, kannst du Freunde bitten, dein Knuffelkontakt zu sein. Viele sind dankbar, wenn jemand damit den Anfang macht und es wieder selbstverständlicher wird, sich zu umarmen oder nah beieinander zu sitzen.

Ein Haustier ist auch oft ein guter Kuschelpartner. Und es gibt sogar exotischere Angebote wie Kühe oder Lamas kuscheln.

Ein Berührungscoaching, Kuscheltherapie oder ein Berührungsworkshop kann dir helfen, mit deinem Bedürfnis umzugehen, es zu kommunizieren und deinen Berührungshunger zu stillen, ohne damit in Verpflichtungen oder Abhängigkeiten anderen gegenüber zu geraten.

Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, dir selbst (und gleichzeitig anderen) gut zu tun. Trau Dich! Berührung ist ein Grundbedürfnis und erwünschte Berührung ist auf vielen Ebenen nährend, beruhigend und dadurch sehr heilsam.

Fazit

Die Macht der Berührung ist ein kraftvolles Geschenk, das uns Menschen verbindet und die Seele heilt. Trau dich, jeden Tag liebevolle Berührungen an deine Herzensmenschen zu verschenken. Einfach als kleines Symbol von Liebe und Zugehörigkeit.

Also: welchen winzig kleinen ersten Schritt kannst du heute gehen, um jemand anderem eine Freude zu machen? Schreib’ es uns gerne unten in die Kommentare.

2 Kommentare zu „Die magische Kraft der Berührung: Wie sie dein Leben verändert“

  1. Julia und Steffen Blömer

    Liebes Zeit-für-Heldinnen-Team,

    euer Artikel zu Berührungen hat uns begeistert. Ihr zeigt eindrucksvoll, wie diese unsere Bindungen vertiefen und Trost spenden.

    Besonders überzeugt hat uns, wie Berührungen helfen können, dass wir uns gesünder und wohler fühlen. Sie sind ein starkes Band der Nähe, das uns verbindet.

    Wir haben euren Artikel in unserem neuesten Beitrag “Glück zu zweit: Wie ihr auf Augenhöhe in Beziehungen kommuniziert.” verlinkt, um eure Impulse zu teilen.

    Liebe Grüße
    Julia und Steffen
    von FIDERTAS Awareness

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